27.12.2015 14:00:15

Kinderfotos und soziale Netzwerke

Dr. Stefan Schoeller
Foto: 
Christian Jungwirth

Kürzlich hat SCHLAGERportal einen Beitrag über Urheberrecht im Internet und in der Musik-Branche veröffentlicht. Dr. Stefan Schoeller, Experte in Fragen des Urheber-, Medien- und Markenrechts, nimmt sich dieses Mal dem Thema Kinderfotos und soziale Netzwerke an. Können Eltern als Erziehungsberechtigte ungebremst über die Verwendung von Fotos ihrer Kinder in sozialen Netzwerken bestimmen? Die Verwendung von Kinderfotos wirft eine Reihe von Rechtsfragen auf. Sowohl an die Gerichte als auch an mich als beratenden Anwalt werden immer wieder Fragen im Zusammenhang mit der Verwendung von Kinderfotos in sogenannten Netzwerken herangetragen. Interessant sind dabei die folgenden zwei Fälle, die gut die Bedeutung der damit verbundenen Rechtsfragen zeigen.

 

Kinderfotos in sozialen Netzwerken

 

Der eine Rechtsfall ist unser aller Alltag: Eine der wichtigsten Funktionen der sozialen Netzwerke ist – wie auch der Name schon zeigt – sein eigenes soziales Umfeld bildlich darzustellen, vor Freunden zu präsentieren und dabei auch andere Freunde und deren Familien zu betrachten. Egal ob auf Facebook, Instagram oder Pinterest werden täglich Millionen von Kinderfotos hochgeladen, die dann dort kurz oder auch viele Jahre verbleiben, geteilt werden und – oft nicht mehr weg zu kriegen sind. Dabei kann es sich ebenso um Badefotos von der süßen 2-jährigen, wie die ersten Schminkfotos der 13-jährigen oder ein Partyfotos vom 14-jährigen Stammhalter handeln.

Der zweite Fall zeigt ein Extrem: Das Oberlandesgericht Wien hatte zu entscheiden, ob die Einwilligung einer Mutter in die Zeitungsveröffentlichung eines Fotos ihres eigenes Kindes, das Opfer eines Verbrechens geworden war, die Veröffentlichungen in der Zeitung rechtfertigt oder nicht. Anders ausgedrückt: konnte die Mutter der Veröffentlichung eines Kinderfotos, das den höchstpersönlichen Lebensbereich berührt, überhaupt zustimmen oder hatte sie dieses Recht ja sowieso nicht.

 

Keine Veröffentlichung ohne Zustimmung

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Mit jüngeren Entscheidungen der österreichischen Gerichte bildet sich dazu ein erster Grundsatz heraus: Demnach können Eltern als gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen der Veröffentlichung von einem Foto nur dann zustimmen, wenn es um Vermögen und Geld geht. Wenn also z.B. Fotos auf Facebook gestellt werden (und man dort mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen mitunterschreibt, dass diese Fotos von Facebook zu Werbezwecken auch andere Unternehmen weiter gegeben werden können) war dafür – wenn sich etwa später die dann die Kinder darüber aufregen, dass ihre Fotos für Werbezwecken verwendet wurden – die Zustimmung von Mama und Papa zulässig. Geht es also bei Fotos nur ums Geld, können die Eltern einwilligen.

Anders aber dort, wo es um Persönlichkeitsrechte geht: Eine wirksame Zustimmung zur Veröffentlichung von intimen Details – wie etwa der Veröffentlichung eines Pressefotos im Zusammenhang mit einem Verbrechen – kann nur durch den diesbezüglich einsichts- und urteilsfähigen Minderjährigen selbst erfolgen, nicht aber durch seinen gesetzlichen Vertreter. Das Oberlandesgericht Wien hat einer Klage des Amtes für Jugend und Familie der Gemeinde Wien gegen die Mutter, die solche Fotos nach dem von Dritten verursachten Fenstersturz ihrer Tochter an die Zeitung weiter gegeben haben, Folge gegeben; das Gericht hat ausgesprochen, dass die Mutter solche Fotos gar nie weiter geben dürfte, ohne dass das Kind, dem ausdrücklich zustimmt. Dort wo also Eltern über Persönlichkeitsrechte von Kindern an Fotos bestimmen wollten, können sie also gar nicht zustimmen und könnten später von ihren Kindern oder auch vom Obsorgeberechtigten (Amt für Familie und Jugend) oder von Dritter Seite auf Unterlassung geklagt werden.

All diesen Fällen sind zwei Dinge gemeinsam: Zum einen muss jedermann, vor allem verantwortungsvollen Eltern, bewusst sein, dass man mit dem nicht weiter hinterfragten Hineinstellen von Kinderfotos in sozialen Netzwerken die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Kinder verletzt, da schon nach den AGB (z.B. von Facebook) die wirtschaftliche Verwendung solcher Fotos mit eingeräumt wird; es sollte also größte Aufmerksamkeit darauf verwendet werden, ob es wirklich notwendig ist, Kinderfotos in Netz zu stellen, die das Gesicht oder andere Merkmale der Identität wahrnehmbar machen, sind zum anderen Persönlichkeitsrechte berührt – also z.B. im Zusammenhang mit zweifelhaften Texten, später vielleicht für das Kind unangenehmen Situationen – so ist davon auszugehen, dass die Eltern der Verwendung des Fotos sowieso gar nicht zustimmen können, sondern nur das Kind selbst. Hier sind also von vorne herein Schwierigkeiten im Bereich des Urheberrechts und Kinder der Persönlichkeitsrechte vorprogrammiert.

Die Empfehlung des Rechtsanwalts: Bitte überlegen Sie sich bei jedem Foto zweimal, ob es notwendig ist, das man es in einem sozialen Netzwerk verwendet, dies vor allem bei solchen Fotos, die das Gesicht oder andere Identitätsmerkmale zeigen. Zum anderen sollten Sie beachten, dass dort wo ein Persönlichkeitsrecht des abgebildeten Kindes berührt wird, wie z.B. Badefotos, Partyfotos oder durch den Begleittext entstehende Persönlichkeitsrechtsverletzungen, sie sowieso die Einwilligung gar nie geben können, sondern dies nur mit der Zustimmung ihres einsichts- und urteilsfähigen Kindes oder Jugendlichen erfolgen kann. Auch aus diesem Blickwinkel ist daher große Vorsicht bei der Verwendung von Lichtbildern geboten.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an Dr. Stefan Schoeller, Piaty Müller-Mezin, Schoeller Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Glacisstraße 27, 8010 Graz, office@pmsp.at; www.pmsp.at.

Quelle: Dr. Stefan Schoeller
Foto: Christian Jungwirth

 

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